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Rügen rund und weiter

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Rügen
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Einmal Rügen rund - ein schöner Törnbericht zu einer klassischen Seereise, mit einem Abstecher nach Mön

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Ein schöner Rügen-Törnbericht von Bernhard Jahn
 

Die längsten und schönsten Tage des Jahres! Am Samstag, 18.6.11 starten wir (62, 61, 50 Jahre) nachmittags zu einem einwöchigen Männersegeln ab Stralsund. Am Querkanal übernehmen wir die BASTED, eine Hanse 370, Erstwasserung 2007. Um 16.30 geht's durch die Klappbrücke in den Strelasund und bei SW 4-5 Bft. Mit achterlichem Wind nach Norden in Richtung Hiddensee.


Eine Gewitterzelle über Stralsund breitet sich schnell nach Norden aus, sodass wir unsere Fahrt in der Gellerhaken-Rinne unter Maschine fortsetzen. Das gut betonnte Fahrwasser zwischen Hiddensee und Rügen ist kaum 50 m breit und hat an den Rändern teils weniger als 2 m Wassertiefe. Starker Regen beeinträchtigt die Sicht auf das nächste Tonnenpaar. Dank Kartenplotter mit Radareinblendung ist die Navigation problemlos. Aber in immer kürzeren Abständen folgt Donner auf Blitz. Bei der ersten Möglichkeit verlassen wir das Fahrwasser und ankern - außerhalb der Nationalparkzone I. Krachend schlagen jetzt Blitze in unmittelbarer Nähe ein. Zum Glück bleibt die BASTED verschont. Abends ankern wir nördlich des Faulen Haken im Schaproder Bodden, dicht unter Hiddensee auf 2,5 m. Nach letzten Schauerböen genießen wir die weiträumige Boddenlandschaft.

Am nächsten Morgen wollen wir bei SW um 4 Bft. Den Anker unter Großsegel von Hand aufholen. BASTED nimmt trotz gefierter Großschot Fahrt auf und unversehens liegt die Ankerkette seitlich am Rumpf an. Um Schäden zu vermeiden, versucht der Rudergänger mit Maschine rückwärts die Ankerkette zu entlasten. Die Kettenspannung nimmt jetzt eher zu. Also liegt der Anker voraus und die Ankerkette führt hinten um den Kiel nach vorne! (Bei Rückgabe der Yacht wird diese Vermutung bestätigt werden.) Durch Vorausfahrt und Ruderlage kommt die Ankerkette frei und der Anker kann regelrecht aufgeholt werden.

Danach geht es einfach gerefft nach Norden, am Stolper Haken vorbei Richtung Libben. Mit Kurs 290° wollen wir den kleinen dänischen Fischerhafen Hesnæs mit seinen eindrucksvollen Buchenwäldern anlaufen. Bei zunehmender See und rechtsdrehendem Wind um 6 Bft. beschließen wir nach Klintholm auf Møn abzufallen. Bei der Ansteuerung laufen wir wegen der weit hinausreichenden Stellnetze den Hafen aus SSW an. Eine große Welle in der Hafeneinfahrt schüttelt BASTED durch. Der Anleger im Yachthafen fällt infolge einer stürmischen Bö etwas ruppig aus. Die Ferienanlage „Havneby“ wirkt verlassen mit zahlreichen zum Verkauf stehenden Wohnungen. Die Versorgung ist gut, leider ist die Sauna durch unachtsame Gäste (gemäß Aushang „aus Deutschland“) abgebrannt und die Sanitäranlage in Containern untergebracht. Im Törnführer beschriebene gute Restaurants sind (noch?) geschlossen.

Klintholm ist einer der Ausgangshäfen für den 80 sm langen Schlag nach Bornholm. Ein sich verstärkendes Tief über der nördlichen Ostsee mit Trog über Polen, vorhergesagte nordwestliche Winde mit 6 Bft. und eine See bis 2 m geben den Ausschlag für einen Hafentag. Leider sind die berühmten Kreidefelsen auf Møn nicht über einen Fußweg am Ufer zu erreichen. Der Blick von der Landstraße und den Klippen auf die bewegte See sind trotzdem eindrucksvoll

Am Dienstag sind 4-5 Bft. aus W-SW vorhergesagt, ideal für Bornholm. Der Trend für die gesamte Ostsee bis Freitag lässt allerdings „südwestliche Winde“ bis 6 Bft. erwarten. Am Donnerstag oder Freitag von Bornholm zurück nach Rügen bedeutet also möglicherweise 50 sm gegen an bei 6 Bft! Wir beschließen mit achterlichen Winden nach Cap Arkona abzulaufen.
Über die niedrige Hafenmole drücken 4-5 Bft. aus SW BASTED an den Steg. Voraus eine Yacht, achteraus weitere Yachten im rechten Winkel an einem Quersteg. Eindampfen in die Spring und das Heck bis 120° herausdrehen? Zu viel Last auf dem Vorsteven! Also Achterspring auf Slip über die Steuerbordwinsch zum Steg, Heckleine luvwärts auf die Backbordwinsch und Fender ans Heck. Problemlos lässt sich der Bug in den Wind winschen und mit sachter Vorausfahrt die BASTED vom Steg absetzen.

Unser Tagesziel Lohme am Südende der Tromper Wiek erreichen wir nachmittags. Schon von Weitem ist die ausgedehnte Hangabrutschung auszumachen, die 2005 mit 200.000 Kubikmetern den Hafen unter sich begrub. Mit tiefen Handbohrungen zur Grundwasserableitung und Befestigungsmaßnahmen gilt der Hang jetzt als stabilisiert, auch wenn Baumaßnahmen die Idylle noch beeinträchtigen.

Da der Trend bis Freitag bei SW um 5 Bft. bleibt, verzichten wir für dieses Mal endgültig auf Bornholm und segeln bei schwacher Brise zur Insel Ruden im östlichen Greifswalder Bodden.

Rechtzeitig vor einem Gewitter machen wir an der etwas verwahrlosten Pier fest. Die Versorgung ist bescheiden, ein lange nicht mehr geleertes Plumsklo lädt nicht zum Verweilen. Kiosk oder Gastronomie fehlen. Dafür entschädigen auf der weitgehend für den öffentlichen Zugang gesperrten Insel zahlreiche Vogelarten und eine fast unberührte Natur.

Am Donnerstag pflügen wir bei Halbwind um 5 Bft. mit Rumpfgeschwindigkeit durch den Greifswalder Bodden, lassen den „Rügischen Bodden“ mit seinen Steinen (2,2 m) steuerbord liegen und laufen in den Fährhafen von Lauterbach ein. Regenschauer begleiten uns auf dem Fußweg nach Putbus und durch den Schlosspark mit eindrucksvollem Baumbestand. Der alte Ortskern mit seiner einheitlichen Architektur hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Mit fangfrischem Fisch und mehreren Störtebeker beschließen wir den Tag.

Am Freitag laufen wir hoch am westlichen Wind einfach gerefft zur Tonne 3 der Palmer-Ort-Rinne und kreuzen im Strelasund nach Stahlbrode. Da die Brückenöffnungszeiten der Ziegelgrabenbrücke bei Stralsund und der Klappbrücke am Querkanal zu dicht aufeinanderfolgen, um an der dazwischen-liegenden Tankstelle zu warten, bunkern wir in Stahlbrode. Im geschützten Strelasund machen wir an der Kreuz gute Fahrt. In der Wartezeit vor der Ziegelgrabenbrücke bietet sich Gelegenheit für selten praktizierte Manöver unter Maschine als Übung für unsere Segelseminare. Nach einer Ehrenrunde vor der Gorch Fock machen wir BASTED an ihrem Liegeplatz im Querkanal fest.

Beim Tauchgang wird ein Schaden an der Rückseite der Kielflosse festgestellt. Die Abwicklung verläuft problemlos mit einer Lösung, die die Kosten minimal hält und die Begeisterung über den gelungenen Törn in keiner Weise trübt. Nach einem Ausklang im malerischen Stralsund und seinen liebevoll restaurierten Gebäuden treten wir erholt und entspannt die Heimreise an.

Bernhard Jahn